Arbeitsunfähigkeit
Mit Rat und Tat
Rund 60 Millionen Mal im Jahr wird in Deutschland die Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit ausgestellt. Sie ist auch bekannt als der „gelbe Schein“. In bestimmten Einzelfällen beauftragt die gesetzliche Krankenkasse den MD mit einem Gutachten dazu. Ziel ist es, zum Beispiel die Arbeitsfähigkeit des Versicherten zu erhalten oder wiederherzustellen.
ZI Film AU-Begutachtung
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Die Begutachtung von Arbeitsunfähigkeit beim Medizinischen Dienst
Hier finden Sie den Film mit Audiodeskription (MP4 88 MB, Länge 8 Minuten 39 Sekunden):
Die Begutachtung von Arbeitsunfähigkeit beim Medizinischen Dienst (Film mit Audiodeskription)
Die Krankenkassen sind gesetzlich verpflichtet (§ 275 des Sozialgesetzbuches V), in bestimmten Fällen die Arbeitsunfähigkeit (kurz: AU) von Versicherten zu prüfen. Sie beauftragen dann den MD mit der Klärung von medizinischen Sachfragen.
Dies ist zum einen bei medizinischen Unklarheiten der Fall. Zum anderen kann eine Prüfung veranlasst werden, wenn Arbeitgeber oder Krankenkasse Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit haben. In beiden Fällen erstellt der Medizinische Dienst eine sozialmedizinische Stellungnahme.
Wichtig: Die Gutachter des MD Bayern dürfen gemäß § 275 Abs. 5 SGB V nicht in die ärztliche Behandlung eingreifen! Als medizinische Sachverständige dürfen sie keine therapeutischen Leistungen verordnen oder gar selbst erbringen.
Wenn Sie als Versicherter krank sind und deshalb Ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausüben können oder bei der weiteren Ausübung eine Verschlimmerung der Erkrankung zu befürchten ist, gelten Sie als arbeitsunfähig.
Ihre Ärztin oder Ihr Arzt schätzen ein,
- ob die Erkrankung verhindert, dass Sie Ihre berufliche Tätigkeit ausüben können oder
- ob die Ausübung Ihrer beruflichen Tätigkeit Ihre Erkrankung verschlimmern könnte.
Ist davon eines oder beides der Fall, wird Ihnen Arbeitsunfähigkeit attestiert. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist ein wichtiges Dokument:
- für das Unternehmen, für das Sie arbeiten. Es zahlt Ihren Lohn für bis zu sechs Wochen weiter.
- für Ihre Krankenkasse. Sie zahlt Ihnen Krankengeld, wenn Sie länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sind.
- für Ihre Ärztin oder Ihren Arzt.
- für Sie.
Nach der AU-Richtlinie werden drei Personenkreise von Arbeitsunfähigen unterschieden:
- Beschäftigte: Darunter fallen alle Personen, die eine bestimmte Tätigkeit zuletzt ausgeübt haben und aufgrund dieser eingestuft werden, z. B. Luftfahrtingenieur, Lehrer, Sachbearbeiter, Bäcker, Maurer.
- Arbeitslose: Darunter fallen alle Personen, die vor Eintritt der AU arbeitslos gemeldet waren.
- An- und ungelernte Personen, die während der Arbeitsunfähigkeit das Beschäftigungsverhältnis verlieren: Diese werden hinsichtlich der zuletzt ausgeübten und ähnlichen Tätigkeiten bewertet.
Die Definition von Arbeitsunfähigkeit im Detail können Sie der AU-Richtlinie entnehmen. Der MDK Bayern bewertet die Arbeitsunfähigkeit nach einer speziellen Begutachtungsanleitung. GKV-Spitzenverband und der MDS haben sie gemeinsam festgelegt.
Als Versicherter sind Sie verpflichtet, Ihre Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen. Alle Unterlagen dazu müssen Sie bei der Krankenkasse vorlegen. Außerdem müssen Sie sogenannte Mitwirkungspflichten übernehmen. Das ist gesetzlich in §§ 60 ff SGB I geregelt. Dazu gehören:
- das persönliche Erscheinen beim Arzt und ggf. dem MD
- vollständige Angaben
- geeignete Untersuchungen und Heilbehandlungen
- Beantragung von Reha-Maßnahmen oder (einer stufenweisen) Wiedereingliederung am Arbeitsleben.
Bei einem Auslandsaufenthalt gilt: Der Leistungsanspruch ruht oder die Krankenkasse muss nach § 16 SGB V gesondert zustimmen.
Die Aufgabe des MD bei Arbeitsunfähigkeit ist es,
- den Behandlungserfolg zu sichern,
- Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit zu beseitigen,
- ggf. zu Rehabilitationsmaßnahmen zu raten bzw. diese einzuleiten.
Um den Behandlungserfolg zu sichern, hat der MD besonders zu erwägen, ob
- die Diagnose weiter abgeklärt werden muss,
- die ambulante Behandlung ausreichend ist,
- die ambulante Behandlung zweckmäßig ist.
Es kann auch sein, dass der Gutachter Reha-Maßnahmen oder eine Überweisung zu einem Facharzt empfiehlt. Er kann auch zu einer stationären Versorgung oder einer Versorgung mit Hilfsmitteln raten.
Weitere Details regelt die Richtlinie über die Zusammenarbeit der Krankenkasse mit den Medizinischen Diensten der Krankenversicherung. Alle Begutachtungen durch den MD erfolgen auf Grundlage der AU-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses.
Der MD prüft, inwiefern der Versicherte seine Arbeit ausüben kann. Die Ärztinnen und Ärzte des MD begutachten nicht nach therapeutischen, sondern nach sozialmedizinischen Aspekten. Sie greifen also nicht in den Behandlungsverlauf ein, sondern schätzen Fragen wie diese ab: Inwiefern kann die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt werden? Welche Rolle spielt Ihr Arbeitsplatz für Ihre Erkrankung? Kommt eine Rehabilitation oder eine stufenweise Wiedereingliederung in Frage?
Die Krankenkasse kann zur Abklärung auch weitere Unterlagen Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihres behandelnden Arztes anfordern. Die Behandelnden schicken Befunde und Ähnliches direkt an den MD. Bei Fragen zu den medizinischen Unterlagen setzen sich die Gutachter des MD Bayern mit dem behandelnden Arzt des Versicherten in Verbindung.
Die Begutachtung findet in der Mehrzahl der Fälle nach Aktenlage statt. Nicht immer reichen die Akten aber zur Abklärung aus. Dann lädt der MD Sie als Versicherten zu einer persönlichen Begutachtung ein.
Der MD führt die Begutachtung zur Arbeitsunfähigkeit entweder nach Aktenlage oder durch eine persönliche körperliche Begutachtung durch. Wenn eine körperliche Untersuchung notwendig ist, lädt der MD Bayern Sie in das nächstgelegene Beratungs- und Begutachtungszentrum ein.
Die Begutachtung erfolgt durch langjährig berufserfahrene Fachärzte mit sozialmedizinischer Qualifikation.
Zunächst bespricht der Gutachter Ihre gesundheitlichen Probleme mit Ihnen: Wie haben sich die Beschwerden entwickelt? Welche Untersuchungen und Behandlungen wurden bisher durchgeführt? Wie ist der aktuelle Zustand? Sind weitere medizinische Maßnahmen geplant? Wie sind die Bedingungen am Arbeitsplatz? Bei Bedarf schließt sich eine körperliche Untersuchung an. Der Umfang der Untersuchung richtet sich nach Ihrem Gesundheitszustand. Es werden keine invasiven bzw. belastenden Untersuchungen durchgeführt. Dazu zählen zum Beispiel Blutuntersuchungen oder Röntgenuntersuchungen.
Der Gutachter oder die Gutachterin haben bei Bedarf im Vorfeld medizinische Befunde beim behandelnden Arzt angefordert oder haben mit ihm telefoniert. Wir bitten Sie zusätzlich, relevante aktuelle medizinische Berichte zur Begutachtung mitzubringen.
Wir bemühen uns, dass Sie bei uns nicht lange warten müssen. Bitte berücksichtigen Sie aber: Jeder Patient hat einen anderen betreuenden Arzt. Sie werden daher nicht unbedingt chronologisch nach dem Zeitpunkt des Eintreffens aufgerufen.
Wir informieren Sie am Ende der Untersuchung über das Begutachtungsergebnis, wenn das bereits möglich ist. Andernfalls bitten wir Sie, sich an Ihre Krankenkasse zu wenden.
Weitere Informationen zum Auftrag des MD und dem Ablauf der Begutachtung gibt Ihnen der MD-Flyer „Informationen zur Begutachtung“. Das Faltblatt finden Sie hier.
Ihre Krankenkasse informiert Sie, welche Unterlagen notwendig sind. In der Regel sind dies
- die ausgefüllte AU-Bescheinigung,
- ein detaillierter Bericht für die Krankenkasse,
- ggf. weitere Arztberichte und Untersuchungsbefunde.
Die Gutachterin oder der Gutachter des MD formuliert eine Stellungnahme zu Ihrer Arbeitsunfähigkeit und sendet diese an die Krankenkasse. Die Krankenkasse entscheidet anschließend, wie sie weiter verfährt.
Der MD gibt in seinem Gutachten also nur eine Empfehlung ab. Die leistungsrechtliche Entscheidung trifft die Krankenkasse. So legt die Krankenkasse z. B. fest, ob sie Krankengeld zum Ausgleich für den Einkommensausfall zahlt.
Hat Ihr Arbeitgeber eine Begutachtung veranlasst und nur dann, teilt ihm die Krankenkasse mit, ob eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt oder nicht. Alle Informationen darüber hinaus sind durch die ärztliche Schweigepflicht geschützt. Zu Ihrem Krankheitsbild oder zu therapeutischen Maßnahmen erfährt Ihr Arbeitgeber zum Beispiel nichts.
Eine stufenweise Wiedereingliederung bedeutet, dass Sie Schritt für Schritt an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Sie verabreden also mit Ihrem Arbeitgeber verkürzte Arbeitszeiten und stocken diese allmählich auf. Die Bedingungen an Ihrem Arbeitsplatz werden untersucht und gegebenenfalls angepasst. Während dieser Eingliederungsphase zahlt Ihnen die Krankenkasse weiterhin Krankengeld.
Manchmal ist nicht absehbar, ob und wann jemand wieder arbeiten kann. Krankenkassen müssen in solchen Fällen nach § 51 SGB V prüfen, ob die Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist. Bestätigt der Arzt die erhebliche Minderung bzw. Gefährdung der Erwerbsfähigkeit, kann die Krankenkasse Sie auffordern, einen Antrag auf Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Wiedereingliederung am Arbeitsmarkt zu stellen. Wichtig: Sie müssen als Versicherter diesen Antrag innerhalb von zehn Wochen stellen. Sonst haben Sie keinen Anspruch mehr auf Leistung.
In bestimmten Fällen kann die Krankenkasse das Recht des Versicherten, einen Antrag zurückzuziehen, einschränken. Dies nennt man Dispositionsrecht. Von diesem Recht kann die Krankenkasse beispielsweise Gebrauch machen, wenn der Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Rehabilitation in einen Antrag auf Erwerbsminderung umwandelt. An dieser Stelle haben Sie als Versicherter keine Möglichkeit mehr, das Rentenverfahren ohne Zustimmung der Krankenkasse zu stoppen, außer Sie verzichten auf die gesetzlichen Leistungen.
Wenn der Rentenversicherungsträger feststellt, dass Reha-Maßnahmen erfolglos verlaufen sind oder nicht mehr infrage kommen, kann er dem Versicherten im Einzelfall statt Wiedereingliederung in das Arbeitsleben eine Erwerbsminderungsrente in Aussicht stellen. In diesem Fall gilt der Tag, an dem die Reha beantragt wurde, automatisch als Antrag auf Rente.
Grundsätzlich entscheidet die Krankenkasse anhand der ihr vorliegenden Bescheinigungen, ob sie die AU anerkennt. Der Gesetzgeber hat aber auch Arbeitgebern Rechte eingeräumt: Sie können bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit die zuständige Krankenkasse einschalten.
Wichtig! Arbeitgeber können den MD Bayern nicht direkt beauftragen. Das ist gesetzlich nicht möglich. Bitte wenden Sie sich hierzu an die zuständige Krankenkasse Ihres Arbeitnehmers. Wenn Sie als Arbeitgeber der Krankenkasse gegenüber die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit geäußert haben und die Kasse den Sachverhalt nicht eindeutig selbst klären kann, ist sie verpflichtet, eine gutachterliche Stellungnahme des MD einzuholen (§ 275 (1) 3b SGB V).
Bei der Arbeitsunfähigkeits-Begutachtung spielt neben dem Krankheitsbild die konkrete Arbeitssituation eine wesentliche Rolle. Daher sollten Sie als Arbeitgeber die Anforderungen am Arbeitsplatz möglichst genau beschreiben.
Gut zu wissen: Sie müssen nicht zwingend Gründe für Ihre Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit angeben. Die Erfahrung zeigt aber, dass eine kurze Erläuterung durch Sie als Arbeitgeber für die gutachterliche Einschätzung hilfreich sein kann.
Der MD Bayern legt großen Wert auf eine zeitnahe Begutachtung von Zweifeln des Arbeitgebers an der Arbeitsunfähigkeit. Wir haben die internen Prozesse daher so gestaltet, dass die Aufträge so schnell wie möglich bearbeitet werden können.